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  • AutorenbildAndreas

Neues aus dem Wilden Westen: Mondo Reverso 1

Mit dem Titel Mondo Reverso 1: Cornelia & Lindbergh bringt der Verlag Schreiber & Leser eine Parodie des klassischen Wilden Westens auf den Markt, die es sozial-gesellschaftlich in sich hat. Es geht um Rollentausch und Diskriminierung sowie den Willen zur Selbstbestimmung, was das eigene Geschlecht angeht. Die Geschichte stammt aus der Feder von Arnaud Le Gouefflec, während der Künstler Dominique Bertail für Zeichnung und Kolorierung zuständig war.



© Wikipedia


Le Gouefflec ist 45 Jahre alt und kommt aus dem nordfranzösischen Brest. Neben seinen schriftstellerischen Tätigkeiten ist er auch als Musiker unterwegs. Der zwei Jahre ältere Bertail hat bereits Erfolge eingefahren und gewann im Jahr 2006 den Prix Saint Michel für das beste französischsprachige Album. Mondo Reverso erschien in Frankreich erstmals in der Zeitschrift Fluide Glacial.



© Wikipedia


Der Western ist ein Genre mit klaren Rollendefinitionen. Die Männer schießen, die Frauen leiden. Starke Frauen gibt es gegenwärtig immer häufiger, so wie beispielsweise in der Mini-Serie Godless, in der eine ganze Stadt nach einem tragischen Unfall in der Hand der verwitweten Frauen ist. Dennoch wird die Western-Welt von Männern dominiert.



© YouTube


Mondo Reverso räumt mit diesem Sachverhalt auf. Der spanische Titel bedeutet übersetzt so viel wie „die Welt einmal anders herum“. Das bezieht sich in diesem Fall auf den Genderbender-Tausch der Männer- und Frauenrollen. Alle Frauenrollen werden von Männern in Frauenkleidern gespielt, alle Männerrollen dagegen von den Frauen.


Hier fängt die Graphic Novel an psychologisch zu agieren. Beim Lesen, als Mann, wird plötzlich klar, welche minimal wichtigen Rollen die Männer plötzlich einnehmen. Das ist beim Lesen nicht einfach. Und das ist doch seltsam, oder? Interessant wäre es an dieser Stelle zu erfahren, wie Frauen, die Mondo Reverso lesen, dabei empfinden.


Aber widmen wir uns den einzelnen Elementen…


Story


Die Desperada Cornelia und der entlaufene Hausmann Lindbergh treffen sich in der kargen Landschaft des heißen Arizona. Beide verlieben sich ineinander und begeben sich auf eine irre Jagd nach einem Zaubertrank. Dieser soll es möglich machen, sein Geschlecht zu wechseln, also selbstbestimmt in dieser Welt zu leben. Aber viele haben es auf diesen Trank abgesehen.



© Schreiber & Leser (Abbildung und Cover)


Stil


Die Geschichte wird zeichnerisch in Sepiatönen erzählt und erhält dadurch einen klassisch-edlen Anstrich. Die Sepiatöne erschaffen eine nostalgische Atmosphäre, so als wären es Fotografien aus dieser Epoche. Es handelt sich offensichtlich um einen Duplexdruck, bei dem ein Grautonbild mit einer Schmuckfarbe hinterlegt und gedruckt wird, so dass das Bild noch eindrucksvoller wirkt.


Wirkung


Beim Lesen des Werkes bin ich nachdenklich geworden. Frauen haben es in der Tat in einer männerdominierten Welt nicht leicht. Das wusste ich schon, aber es gibt viele Elemente, die ich noch gar nicht bedacht hatte. Diskriminierungen, die der Alltag so mit sich bringt und die nur unterschwellig funktionieren.


Die Story hat mich jetzt nicht umgehauen und war auch wirklich nichts Neues. Aber die Genderbender-Teile waren unterhaltsam und ich blieb bis zum Ende motiviert im Lesefluss. Ich freue mich sogar auf den zweiten Teil.


Fazit


Ich kann diese durchaus humoristische Parodie zum vergnüglichen Lesen nur empfehlen. Der durchaus ernsthafte Anspruch, anklagend gegen Diskriminierung vorzugehen und auch das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung zu postulieren kann dann ganz nebenbei einmal seriös durchdacht werden.


Am Ende bleibt aber der Grundgedanke, dass wenn Frauen sich gegenüber Männern wie Männer verhalten wir das nicht schön finden. Mehr muss dazu eigentlich auch nicht gesagt werden. Also, lesen und direkt danach der eigenen Frau oder Freundin einmal sagen, wie großartig sie doch ist. Sie hat es in der ständigen Frauenrolle nämlich nicht leicht.

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